Stichworte: Historie, Ledermüller, Mikroskopie, Bewie's Mikrowelt

Federn von Sommervögeln
Bild aus: Ledermüller, Mikroskopische Gemüths- und Augen-Ergötzungen, Tafel 9

Von den Federn der Schmetterlinge, so lautet die Überschrift über diesem Abschnitt in Ledermüllers Buch. Gemeint sind hier natürlich keine Vogelfedern, sondern die Schuppen eines Schmetterlings. Diese bunten und vielgestaltigen Objekte faszinieren auch heute noch so manchen Mikrokopiker und Makrofotografen.
Im folgenden ein Auszug aus dem Text zu dieser Tafel. Er vermittelt einen Eindruck davon, wie die damaligen Naturforscher ihre Objekte nicht nur untersucht, sondern auch ihre Bedeutung und Funktion zu interpretieren versucht haben.
Schwammerdamm hat in seiner Bibel der Natur S. 222 der deutschen Üebersetzung, die Gedanken geäussert, die Natur habe den Schmetterlingen, um sie vollkommen schön zu machen, vier Flügel ertheilt, damit sich der eine in dem andern zierlich spigeln könnte.
Denn spricht er: sie können mit zween mehr als zu wohl fliegen, und die dünne Lufft mit unbegreiflicher Wendung geschwinde durchstreichen; welches man, wenn man die zween hintersten Flügel abschneidet, leicht erfahren kan. Auf eben diese Art könnte man vielleicht auch sagen, die freygebige Natur habe ihnen ebenfalls so viele schöne Federn mehr zum Putz gegeben, als daß sie ihnen zum Fliegen unentbehrlich wären. Und ich habe würtlich auf dem Felde, mehrmals nach lange anhaltenden Regen, schmetterlinge gesehen, welche gleich, wolen hurtig genug fliegen konnten, ungeachtet ihre Flügel meistentheilsnacket und der staub, vermuthlich von dem Regen abgewaschen war.
Es könnte also das Ansehen haben, als wären die dünnen ausgespannten Häutchen, in welchen die Kiele der Federn stecken, hinlänglich zum fliegen. Zumal, da wir unter den Inseckten so viele andere Arten finden, deren Flügel ebenfalls in nacketen, ausgespannten, ziemlich harten Häutchen, ohne alle Federn, bestehen, ebenso, wie unter den vollkommenern Thieren die Fledermauß und das sogenannte gestiegelte Eichhörnchen oder die fliegende Fische, dergleichen ausgespannte Werkzeuge zum Fliegen ohne Federn haben.
Alleine ich sehe dieses für keine hinlängliche Ursache an, zu zweiffeln, daß die Federn der Sommervögel ihnen nicht ungefehr eben die Dienste leisten sollten. Es ist sehr glaublich, daß diese Thierchen, wenigstens leichter mit 4. Flügeln als mit 2. und mit gefiederten Fliegeln bequemer fliegen können, als wenn sie des größtentheils derselben, durch einen Zufall beraubt sind: Eben so, wie die grössern Vögel nach Verlust eines ansehnlichen Theils ihrer Federn deswegen doch noch, wiewohl mit Unbequemlichkeit, zu fliegen im Stande sind.
Indessen bescheide ich mich gar gerne, daß man die Werke der Natur, aus einem ganz andern Gesichtspunkt zu betrachten hat. Ich weiß gar wohl, daß die anbetenswürdige Hand des grossen Schöpffers alle ihre Wercke, mit uneingeschränkter Freygebigkeit ausgestreuet hat; Da Menschen hingegen bey den Werken ihrer Hände, die Verzierungen nur sehr sparsam anzubringen bedacht seyn müssen, damit sie nicht dadurch der Hauptabsicht verfehlen. Es ist mir zugleich bekannt, daß die schönheiten der Natur nicht vornehmlich dahin abzielen können, um unser blödes Auge an sich zu locken, (denn wie wenig sehen wir davon?) sondern, daß die Natur nur deswegen so reizend ist, weil sie sonst ihres unendlichen Urhebers unwürdig wäre, und ihme selbst unmöglich gefallen könnte. Doch dem sey wie ihm wolle. Ich liefere hier eine getreue Abzeichnung, von denen bisher gedachten Federn der schmetterlinge.
Es ist mir nicht unbekannt, daß sie nicht die erste ist; und daß, wie so viele unermüdete Naturforscher, ein Aldrovand, Moufet, Goedart, Bonani, Schwammerdamm, Reaumüre, Frisch, Lesser und unser so fleißig als geschickter Hr. Rösel von Rosenhof, sich um die Geschichte der Schmetterlinge überhaupts, ungemein verdient gemacht haben, also auch die Federn derselben besonders und hauptsächlich von Bonani und einigen andern, in Kupferstichen vorgestellet worden sind. Alleine da diese Abbildungen zum theil sehr klein, zum theil unrichtig nach ihrer Strucktur, und nicht illuminirt sind, ausser was Herr Rösel in seiner Inseckten Belustigung davon geschrieben hat; so schmeichle ich mir desto mehr, daß die gegenwärtige dem g. L. nicht unangenehm seyn wird, in welcher dieser Staub, nach einer proportionirten Vergrösserung, nehmlich mit dem kirschkornförmigen Gläschen Num. 1. durch das wilsonische Handmikroskop, deutlich und mit denen richtigsten Farben, abgebildet worden.
Durch das sonnenmikroskop werden sie allzustark vergrössert, massen die gegenwärtigen Federn, durch Num. 2, eines schuhhochs an der Wand erscheinen, in einem Zimmer, dessen weise Wand, von der Lentille 12. Schuh weit abstehet.
Man kan schon bey obgedachter Vergrösserung im Handmikroskop, die streisfen und striche in einer jeden Feder, deutlich nebst denen kurzen durchsichtig und stumpffen Kielen, erkennen.
Liebhaber Physikalischer Beobachtungen, werden an den Schmetterlingen genug mit dem Vergrösserungsglas zu betrachten finden; wenn sie z. E. die 4. Flügel von allen Seiten oben, unter und an deren Ertremitäten, wo Franzen gleichsam stehen, die schichtweise übereinander liegende Lage derselben auf den Oberflächen der Flügel, recht ansehen, diese Federn hernach selbst von den Flügeln abnehmen und einzeln untersuchen. Dieses leztere gehet am besten von statten, wenn man mit der spitze eines reinen Fingers über den Flügel hinfähret , her nach das, was am Finger hangen geblieben, auf das Gläschen des Schiebers bringt, und durch alle Vergrösserungsgläser paßiren lässet. Da z. E. die Linnse No. 5. eine grosse Menge dieser Federn mit ihren Farben, aber sehr klein doch scharff und deutlich, No. 4. und 3. hingegen ihre ausgekappte Cronen und die Federn selbst, schon 2. Zoll hoch und breit No. 1 und 0 aber, 3. bis 4. Zoll hoch, mit denen darinn befindlichen Streiffen und Strichen, schregen und geraden Linien, vorstellen wird.
Will man aber den ganzen Flügel nach und nach übersehen, so muß derselbe unter das sogenannte marschallische Mikroskop, mit der langen zusammengesezten Röhre, gebracht oder mit einem andern Vergrösserungsinstrument untersucht werden, welches T. Herr Hofrath und Professor Delius zu Erlang, mein hoch geschätzter Gönner! sich selbsten nach Muschenbroeckischer Art erfunden, und der beliebten fränkischen Sammlungen im 23sten Stück derselben einverleibt hat.
Von dem wunderbaren gedoppelten saugrüssel der schmetterlinge, ihren Fühlhörnern, Haaren, Augen und Füssen, soll zu seiner Zeit der Nachtrag geschehen. Gegenwärtige Kupfertafel, stellet den vergrösserten Staub von den Flügeln zweyer kleinen Sommervögel vor, davon der eine, der einsame matt grüne Raupenvogel auf dem Waldkohl oder auch der Körbelkrautvogel, der andere blaue aber, der kleine dicke und runderhabene Schildräupleinsvogel, benennet wird. Der erstere hat schwefelgelbe und Pommeranzenfarbe Oberflügel, welche am Ende einen schwarzen Flecken haben. Die Unterflügel sind blaßgrün auf strohgelben Grund.
Des zweytern Flügel sind hochblau und spielen im Fliegen, auch in der Sonne, wie Purpur und kupferrothes Gold; an denen Enden aber stehen weisse Franzen Federn.
a. Zeigt eine Feder von dem Oberflügel des blauen oder Schildräupleinvogels.
b. c. Aber von dem Unterflügeln desselben zwey Federn.
e. e. Sind Federn so an denen äussersten Enden der Flügel stehen.
d. und g. Stellet von dem gelben oder Körbelkrautvogel und dessen Obern Flügel,
f. und h. hingegen, Federn von seinem Unternflügel vor.