Stichworte: Flora, Historie, Thomé, Bewie's Mikrowelt

Stiefmütterchen
Tafel 413. Viola tricolor L. (dreifarbiges Stiefmütterchen, Freisamkraut) ABC Teile blühender Pflanzen. 1 Blütenlängsschnitt; 2 Blüte nach Entfernung von Kelch und Blumenkrone; 3 eines der vorderen Staubblätter mit dem grünen, spornartigen Honigbehälter; 4 und 5 hintere Staubblätter, der blumenblattartige Fortsatz der Staubblätter ist bräunlich; 6 oberes Ende des Stempels; 7 Querschnitt durch den Fruchtknoten; 8 aufgesprungene Frucht; 9 Same; 10 desgl. der Länge nach durchschnitten. Figur 3 bis 7, 9 und 10 vergrössert.

Die Nebenblätter sind leierförmig-fiederspaltig, ihre mittleren Zipfel sind verlängert und gekerbt. Bei mastigen Pflanzen werden die Nebenblätter stets sehr gross und blattartig, bei Pflanzen auf Hungerboden bleiben sie dagegen klein und wenig hervortretend, wie denn das hierher gehörende Stiefmütterchen auf Äckern, Brachen und Wiesen eine der gemeinsten, aber auch eine der veränderlichsten Pflanzen ist. Der Stengel ist einfach oder ästig, niederliegend, aufsteigend oder aufrecht, nebst den Blättern kahl oder kurzhaarig, selten abstehend rauhhaarig (Tar. rothomagensis Thui liier, Stiefmütterchen von Ronen). Die unteren Blätter sind ziemlich langgestielt (1 bis 4 cm), eiförmig mit herzförmigem oder keiKörmigem Grunde, oder sie sind eiförmig-länglich, oder sie sind lanzettlich bis linealisch; die oberen Blätter sind kurzgestielt, länglich-eiförmig bis lanzettlich und linealisch. Die Verschiedenheit der Blumen wurde zur Aufstellung zahlreicher Formen benutzt. Der Durchraesser der Blüte beträgt von unter 1 cm (var. arvensis Murray, Acker-Stiefmütterchen) bis 2,5 cm (var. vulgaris Koch, Gemeiues Stiefmütterchen). Die Blumenblätter sind bald länger, bald kürzer als der Kelch; die beiden oberen sind violett, die mittleren hell violett, das untere gelb mit violetten Streifen und violetter Spitze; oder auch die mittleren sind gelb mit violetter Spitze; oder die mittleren sind ganz gelb; oder die vier oberen sind gelb und das untere ist gelblichweiss; oder alle sind ganz gelb; oder das oberste ist tiefviolett, die seitlichen weiss, das untere gelb, an der Spitze violett gestreift; oder alle sind gelblichv^eiss, das untere aber dunkler; mitunter findet man auch an demselben Stocke gelbe und dreifarbige Blüten, so namentlich an der Alpenform saxatilis Koch, oder doppelte Blumenkronen (var. bella Grenier und Godron, Schönes Stiefmütterchen) u.s.w. Dieser Veränderlichkeit haben sich die Gärtner bemächtigt und zahlreiche, indes nur durch sorgsamste Kultur zu erhaltende Spielarten mit prachtvollen, zum Teil 5 bis 6 cm grossen Blüten erzogen; doch sollen jene zum Teil auch von Viola lutea abstammen. Blütezeit Mai bis Herbst; Höhe 10 bis 20 cm.


Bilder und Texte (z.T leicht modifiziert) aus: Thome, Flora von Deutschland, Österreich und der Schweiz, 2. Auflage