Stichworte: Eukaryoten, Fauna, Historie, Rösel, Bewie's Mikrowelt
Rösel von RosenhofAugust Johann Rösel von Rosenhof (1705-1759) entstammte einer seinerzeit berühmten Nürnberger Künstlerfamilie. Die ersten künstlerischen Arbeiten betrieb Rösel bei seinem Vater Pius (Kupferstecher) und später bei seinem Onkel Wilhelm (Tiermaler) in Merseburg. 1726 ging Rösel nach Kopenhagen, wo er sich am Hof einen Namen als Portrait- und Miniaturmaler machte und bald aufgefordert wurde, sich endgültig in Dänemark niederzulassen. Das wollte Rösel aber nicht, er ging stattdessen nach Hamburg, wo er auf Maria Sybilla Merians wunderbar illustriertes Buch über die Metamorphose der surinamesischen Insekten (1730) stieß. Es inspirierte ihn, sich ebenfalls mit den Insekten zu beschäftigen.
Nach Nürnberg zurückgekehrt, begann Rösel in seiner Freizeit die regionale Fauna zu untersuchen. Er sammelte Insekten, sowie deren Eier und Larven, beobachtete und dokumentierte sorgfältig deren Entwicklung. Die Beschreibungen und die dazugehörigen kolorierten Kupfer bildeten die Grundlage für seine „monatlich herausgegebene Insecten-Belustigung“. Es war gewissermaßen eine Zeitschrift, die sich die Abonnenten binden lassen konnten, wie dies auch bei heutigen wissenschaftlichen Zeitschriften der Fall ist. So entstand ein insektenkundliches Werk, das zu den Prachtwerken auf dem Gebiet der Entomologie zählt.
Insgesamt wurden von ihm bzw. seinen Erben 4 Bände dieser Insecten-Belustigung und ein Supplementband herausgegeben. Darüber hinaus gibt es noch die „Historia Naturalis Ranarum Nostratium – Die natürliche Historie der Frösche hiesigen Landes“ von 1758. Dieses inzwischen sehr seltene Werk enthält sehr detaillierte Beschreibungen und Diskussionen über Fortpflanzung der Frösche, die von den damaligen Wissenschaftlern kontrovers diskutiert wurde. Die Froschabbildungen gehören – was die naturgetreue Wiedergabe betrifft – zu den besten, die jemals produziert wurden.
Hier geht es nun um den Supplement-Band zu den Insecten-Belustigungen. Seine Inhalte haben eine besondere Geschichte. Rösel suchte und fand seine Objekte auf Streifzügen durch die Natur. 1753 erlitt er einen Schlaganfall. Er erholte sich zwar langsam wieder, war aber längere Zeit nicht in der Lage, seine Wanderungen durch die Natur fortzusetzen. Sein Forscherdrang war durch die Schlaganfälle jedoch kaum beeinträchtigt, und so ließ er sich bald Tag für Tag Gläser mit Wasserproben und Wasserpflanzen aus den Teichen in der Region Nürnberg bringen und untersuchte diese – auch mit Hilfe optischer Instrumente. Was er dabei beobachtete, hat er in 30 Tafeln gezeichnet und auch ausführlich beschrieben und mit der damals bekannten Literatur verglichen. Bei dieser Arbeit hat ihm offenbar auch Martin Frobenius Ledermüller geholfen, indem er Rösel die französischsprachige Literatur über die Polypen übersetzte – also insbesondere die Arbeiten von Abraham Trembley. Eine gedruckt Übersetzung des Trembleyschen Buches erschien erst 1775. Ledermüller selbst hat einige Jahre später seine „Mikroskopischen Gemüths- und Augenergötzungen“ veröffentlicht, in denen ebenfalls etliche Tafel mit mikroskopischen Süßwasserbewohnern zu finden sind. Klaus Henkel von der Mikrobiologischen Vereinigung München hat einen kleinen Aufsatz über diesen interessanten Mikrokopiker des 18. Jahrhunderts geschrieben.
Zurück zu Rösel. Seine Beobachtungen in dem Supplement-Band beschäftigen sich zu großen Teilen mit den Süßwasserpolypen und so sind die Tafeln auch mit „Historia Polyporum“ überschrieben. Darin finden sich auch so genannte „Federbuschpolypen“, die wir heutzutage Moostierchen bzw. Bryozooen nennen. Auf der hier abgebildeten Titeltafel des Bandes bevölkern folgerichtig die Hydren in großer Zahl und allen möglichen Variationen die Wasserpflanzen, oben an den Wasserlinsen sieht man „Federbuschpolypen“. Darüber hinaus kommen in Rösels Aufzeichnungen noch „andere kleine Wasserinsecten“ vor, nämlich Rädertiere und Vorticellen. Details zeigen die Bilder auf den anderen Seiten aus der Historia Polyporum.