Stichworte: Historie, Ledermüller, MikroskopieBewie's Mikrowelt

Die Würmer im Heuwasser
Bild aus: Ledermüller, Mikroskopische Gemüths- und Augen-Ergötzungen, Tafel 48

„Die Würmer im Heuwasser“ überschreibt Ledermüller das Kapitel zu dieser Tafel. Es handelt sich also um einen Heuaufguss. Den Formen nach zu urteilen sieht man hier sowohl Rädertiere wie auch Paramecien und andere Einzeller.
Text des Kapitels:
Diese Kreaturen gehören mit in die Classe der Infußions-Thierlein. Man kan sie Sommers und Winters bekommen, und wenn man im Winter gar nichts lebendiges von kleinen mikroskopischen Kreaturen zu erhalten weiß, so darf man nur eine Hand voll Heu, in einen grossen Hafen, oder in ein grosses Confiturengas werfen, Wasser darüber giessen, und ein paar Tage im Zimmer stehen lassen, so wird oben auf dem Wasser ein brauner schaum entstehen, welcher bey genauer Untersuchung mit dem Vergrösserungsglas, mit Millionen solcher kleinen Kreaturen angefüllt ist, wie sie auf dieser 48sten Kupfertafel Fig, 1. getreulich abgezeichnet worden. Sie sind sehr munter und ihre Bewegung so mehrentheils im Zirkel oder schneckenlinien bestehet, ist ungemein schnell. Ihre Fruchtbarkeit ist fast unglaublich, und man kan die Menge ihrer Embryonen in denen Müttern deutlich sehen. sie sind überdieß mit einem sehr elastischen Körper versehen, denn sie können sich in einem Augenblick vielmahl verändern, und bald rund, bald eyförmig, bald breit, bald schmal, bald sehr kurz und bald wieder ausserordentlich lang machen, zusammenziehen und ausdehnen. Man siehet weder Füsse noch Floßfedern noch Kopf noch Augen noch andere Glieder an ihnen; zuweilen aber bemerkt man, wenn sie sich ausdehnen, einen gabelförmigen Hintertheil ihres Leibs Ich halte dafür, daß diese Thierchen aus denen Eyern entstehen, welche den Sommer über auf das triste Graß von einigen Inseckten gelegt werden, und bey dem Einsammeln, auf dem Heu liegen bleihen, sodann aber im Wasser auskriechen. Vielecht kommen auch mit dem Regen oder Mechthau, ihre Eher schon auf das Gras weilen man auch im faulen Regenwasser diese mit noch andern Arten dergleichen Infußions-Thierchen findet.