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Etwas vom Karpfenrogen
Bild aus: Ledermüller, Mikroskopische Gemüths- und Augen-Ergötzungen, Tafel 61

Hier geht es um „Etwas vom Karpfenrogen“ und wir lesen folgende kleine Geschichte zu der Tafel:
Die Beobachtungen mit Fischen, waren niemand vielleicht so angenehm als meiner Eheliebsten. Es waren kaum zwey Tage nach der Untersuchung der Karpfenmilch verstrichen, so fragte sie mich mit einer nach Karpfen sehr appetitreichen Mine, ob nicht bald wieder dergleichen Fische für das Vergrösserungsglas nöthig wären? Weilen ich nun das Karpfenweibchen noch nicht kennen lernen, so war es mir leicht, hier mit einen stein zwey Würfe zu thun, und theils meiner Gattin ihrer Sehnsucht nach Fischen, theils auch meiner Neubegierde ein Genügen zu leisten. Ich sagte ihr also ein erfreuliches Ja! zur Antwort; und an statt der vorige Karpf ein Milchner ware, muste jetzo ein Rogner beygeschaft werden.
Er wurde wie ich oben schon angemerkt habe, aufgeschnitten, der Rogen oder der Eyerstock von mir herausgenommen, und nur etwa der hunderste Theil davon auf einen saubern Teller zum observiren zurückebehalten, das andere alles aber, meinem Weibchen überlassen, welche davon ein leckerhaftes Abendessen zubereitete, unter welcher Zeit ich mit genauer Betrachtung dieser Karpfeneyer, mich beschäftigte.
Man darf nur einer Linse groß von dem Fischrogen nehmen, und dieses wenige auf ein einfaches Schiebglaß legen, sodann mit Nummer 5. betrachten, so wird man schon durch diese geringe Vergrösserung eine Menge blaßgelber Kugeln sehen, welche denen Pommeranzen in der Runde ähnlich sind und in einen geflochtenen Netze verwahret und eingeschlossen liegen. Besiehet man sie aber durch stärkere Vergrösserungen, so wird man diese Kugeln voller Puncten, das Netz aber selbsten gedoppelt gestrickt befinden; und ich bin überzeugt, daß dieser Versuch dem Auge so reizend als dem Gemüthe, vorkommen müsse. Denn erstlich erkenne ich daraus die allerweiseste Vorsehung des Schöpfers, welche durch diesen Netzförmigen Einschluß, für die Menge dieser Eyer dergestalten gesorgt hat, daß sie nicht vor der Zeit auseinander fallen und verdorben werden mögen. Ferners aber bewundert mein Gemüthe die Vorsorge des allgemeinen Schöpfers in der ungemeinen Menge dieser Eyer für uns Menschen. Mancher Hecht hat über 2ooo. Eyer an seinem Rogen.
Und der vortrefliche Herr Professor Hannow zu Danzig beschreibt in seinen Seltenheiten einige Fischrogen, worunter ein besonders ansehnlicher Karpfenrogen ware, der 1o368oo. Eyer hatte. Mehrere solche Erfahrungen von der Zahl der Karpfen Eyer finden sich in dem Commercio litterario Ann. 1739. hebd. 29. O! welche Menge von Fischen in einem einigen Karpfen, und welcher Seegen des schöpfers für uns Menschen. Es ist diese Betrachtung des Herrn P. Hannows viel zu schön, als daß ich nicht noch einige merkwürdige stellen davon, meinen g.L. mittheilen sollte. Ich weiß sie werden Ihnen nicht mißfallen. Hier sind seine eignen Worte.
„Gesetzt daß die Karpfen ihren Rogen nicht auf einmal laichen, sondern nur jährlich etwas davon fahren lassen, was für eine Menge junger Brut kan nicht von einer Karpfe werden? eine einzige könte hundert Teiche besetzen, und zwar jeden mit 9. bis 1oooo. Karpfen.
Wäre aber das nur der Rogen für einen Strich und für ein Jahr, so machte es in zehen Jahren 9. bis 10. Millionen.
Gesetzt aber auch, daß nur der hunderste Theil davon geriethe, so könnte einer doch aus einem Milchner und Rogner einen erstaunenden Gewinnst ziehen, wenn er beede mit 1. fl. bezahlte und der Strich erst im dritten Jahr wieder verkauft würde, das Stück zu 9. Groschen, könnte er ohne allen sträflichen Wucher von zwey Fischen im ersten und schlechtesten Falle 2799. fl. in andern 3110. im dritten 29999. fl und im vierten strich 311o. fl. innerhalb 10. bis 13. Jahren gewinnen. Nur müste er alles was die Karpfen auffrißt, als Hechte, Frösche, Kaulpärsche etc. in keinem Strichteiche leiden, und sonst dahin sehen, daß sie gute Nahrung bekommen.“
Leeuwenhoeck behauptet, daß in einem Stör mehr Fische als Menschen auf der Welt enthalten wären.
Alles dieses zusammen genommen, wird einen jeden vernünftigen Menschen zum Dank, zur Liebe, zum Vertrauen und zur tiefsten Ehrerbiethung gegen den Höchsten aufmuntern, und ich werde nichts mehr übrig haben zur Erläuterung dieser Kupfertafel anzumerken, als daß bey a. die natürliche Grösse des beobachteten Rogens, bey b. das Netz worinnen derselbe verwahrt liegt, bey c. die eingewickelten Eyer selbsten durch Nummer 3. vergrössert, bey d. ein aufgesprungenes Fischey und bey e. der flüßige Saft vorgestellet worden, der aus lauter kleinen Kügelein wie das Blut oder die Milch besteht.