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Ledermüllers Nachlese der mikroskopischen Egötzungen

Nach den ersten 100 Augenergötzungen hat Ledermüller noch weitere 50 Bilder veröffentlicht. Sie enthalten wieder etliche Beobachtungen, aber auch eine ganze Reihe von Tafeln, auf denen Ledermüllers diverse Mikroskope und Hilfapparate abgebildet sind. Sie geben also einen guten Einblick in die Arbeitsweise der damaligen Mikroskopiker. Das Werk ist in 20 Briefen organisiert und wurde so auch sukzessive verschickt. Die Einführung umfasst 2 Briefe, zunächst noch ohne Tafeln, in denen Ledermüller die Ausrüstung beschreibt, die ein Mikroskopiker haben sollte. Die Briefe scheinen – ebenso wie die folgenden 18 Briefe – an seinen Verleger Winterschmidt gerichtet, der nicht nur diese Briefe und die Zeichnungen Ledermüllers drucken und verschicken ließ, sondern sich selbst offenbar auch Mikroskope zugelegt und fleißig mikroskopiert hat. Im folgenden findet ihr die Einleitung zu dieser Nachlese sowie die ersten beiden Briefe. Alle weiteren Briefe mit den 50 Tafeln sind auf dieser Website jeweils in einem eigenen Eintrag vorhanden.

Martin Frobenius Ledermüllers, Hochfürstlich-Brandenburg-Culmbachischen Justitz-Raths, wie auch der Kayserlichen Akademie der Naturforscher und der Deutschen Gesellschaft in Altdorf Mitglied,
Nachleese Seiner Mikroskopischen Gemüths-und Augen-Ergötzung.

Verlegt und in Kupfer gebracht
Adam Wolfgang Winterschmidt,
Kupferstecher ln Nürnberg.
Gedruckt auf Kosten des Verlegers von Christian de Launoy. 1762.

Sr. Exzellenz, dem Hochwohlgebohrnen Herrn,
Herrn Johann Georg Anton von Stengel,
Jhro Churfürstlichen Durchlaucht zur Pfalz rc. würklichen geheimen Rath, geheimen Referendär und geheimen Staats- und Cabinets-Secretär rc.
Meinem gnädigen Herrn!

Hochwohlgebohrner Herr,
Gnädiger Herr!

So viele Ursachen mich verpflichten, die mir von Ew. Exzellenz bis daher so reichlich zugedachte Gnadenbezeugungen öffentlich zu rühmen, so sehr werde ich jedoch durch Dero großmüthige Befehle davon abgehalten und bemüßiget, solche vielmehr in der Stille und mit einer dankvollen Seele, ewig zu verehren.
Ich bin zwar gewohnt, Hochdenenselben jederzeit‘ einen strengen Gehorsam zu zeigen, es werden aber Ew. Exzellenz wenigstens zulassen, daß ich mein erkenntliches Herze, durch ein ganz geringes Denkmal, zu Tage legen darf.
Indem ich mich nun zu gleicher Zeit erinnere, daß auch in den Händen Ew. Exzellenz die Vergrösserungs-Werkzeuge ihren Werth haben, und bey Stunden, welche die Staats- und Kabinets Anliegenheiten übrig lassen, sowohl zur Gemüths Ermunterung, als auch zur Ehre unsers allerweisesten Schöpfers, angewendet werden, und daß nicht weniger meine Kleinigkeiten die Mikroskopischen Ergözungen, von Ew. Exzellenz eines gnädigen Beifalls jederzeit gewürdiget worden.
So habe ich mir die unterthänige Freiheit genommen, in Ermanglung eines reichern Opfers, Hochdenenselben das Dritte Fünfzig, als die Nachlese meiner Mikroskopischen Ergözung, hiemit unterthänig zu widmen und zuzu-eignen, in der unterthänigen Zuversicht, Ew. Exzellenz werden dieses als eine reine und lebhafte Würkung meines dankbegierigen Gemüths, nach Dero preißwürdigen und edlen Denkungsart, gnädig ansehen und aufnehmen.
Ich schmeichle mir vielleicht nicht zuviel, wann ich mich selbsten versichere, daß diese meine Hoffnung mich um so weniger betrügen könne, je mehr ich von den erhabenen Gesinnungen überzeugt bin, welche alle ächte und wahre Verehrer theurer Seelen und seltener Verdienste, an Ew. Exzellenz, ehrerbiethigst rühmen, bewundern und verehren.
Und mit dieser Ehre höchstzufrieden, werde ich mich bemühen, durch reifere und mehr ausgearbeitete Beobachtungen und nützliche Erfahrungen, dieselbe auch für das künftige zu verdienen; anbey unter denen reinsten und devotesten Wünschen zu der ewigen Güte, um alles das was Ew. Exzellenz an allen nur Selbstwählenden wahren Glückseeligkeiten zugehen kan, mich zu Hochderoselben beharrlichen Gnade so angelegenst als gehorsamst anempfehlen, und Lebenslang mit dankverbundestem Herzen und ehrerbiethigster Devotion verharren
Ew. Exzellenz
unterthänig und gehorsamer Diener,
Martin Frobenius Ledermüller.

Nachricht des Verlegers.

Die Mikroskopischen Gemüths- und Augen- Ergötzungen des Herrn Justitz- Rath Ledermüllers sind bisher von Liebhabern der Naturgeschichte mit so vielem Beifall aufgenommen worden, daß der Herr Verfasser so wohl als der Ver­leger ihre beyderseitige Mühe mit Vergnügen belohnet sehen. Dieser letztere hat sich daher auf Anrathen verschiedener Gönner entschlossen , dieses beliebte Werk, vornemlich zum besten der Ausländer, durch eine geschickte Feder in die französische Sprache übersetzen zu lassen. Wie er aber hierinnen nichts weniger als eigennützen Absichten folget, so hat er auch zugleich darauf ge­dacht, wie es möglich zu machen, daß der Preis dieser neuen französischen Ausgabe, ungeacht dazu seines holländisches Papier genommen werden soll, so wenig als möglich, den bisherigen übersteige. Und um dieses bewerkstel­ligen zu können, hat es ihm nöthig geschienen, die Übersetzung dergestalt zu veranstalten, daß der zu Erläuterung der Kupfertafeln dienliche Text, zwar etwas abgekürzt, das Wesentliche aber, und was denjenigen, die dergleichen Beobachtungen selbst wiederholen wollen, zu wissen nöthig ist, sorgfältig bei, behalten werden soll: wovon ehestens in einem besondern französischen Avertissement nähere Nachricht wird ertheilt werden.
Was aber die Fortsetzung dieses Werks anbelangt, so ist man zu mehrerer Bequemlichkeit der Liebhaber sowohl, als des Herrn Verfassers und Verlegers gesonnen, sich künftighin an keine monathlichen Ausgaben mehr zu binden; son­dern man wird allezeit, so bald es möglich seyn kan, 10. Kupferplatten mit der dazu gehörigen Beschreibung liefern. Weil aber auf diese Weise der Verlag et­was mehr kostet, auch unterweilen mehr als 3. Bogen Erklärung ausgegeben werden dürften, so werden sich die Herren Liebhabere nicht entgegen seyn lassen, für jede solche Ausgabe auf Median Kanzeleypapier 1. fl. auf Holländisches aber 1. fl. 18. kr. Rheinisch zu zahlen. Und da endlich die Reinlichkeit des Stichs und der Farben bey dieser neuen Ausgabe bereits von Kennern genugsam erkannt worden sind, so hat sich der Verleger, um jede Beobachtung wiederholen und dieselbe der Natur desto gemäßer in Stich bringen zu können, bereits selbst von dem hiesigen Mechaniko Burucker die nöthigsten Mikroskope verfertigen lassen, so daß er sich also auch dadurch desto mehr in den Stand gesezet siehet, den bisherigen dem Werke gegönten geneigten Beyfall noch fernerhin zu erhalten.
Eben dieser Verleger wird auch nächstens eine deutsche Uebersetzung von dem Recherches fur l’Usage des Feuilles dans les Plantes, et fur quelques autres sujets relatifs a l’Histoire de la Vegetation par CHARLES BONNET etc. Unter dem Titel: Untersuchungen über den Nutzen der Blätter an den Pflanzen, und einige andere zur Geschichte des Wachsthums der Pflanzen gehörige Stücke, unter die Presse bringen, die den Hrn. Prof. Arnold in Erlangen zum Verfasser hat. Er hoffet hierdurch den Liebhabern der Naturgeschichte, deren Anzahl sich auch in Deutschland immer vermehret, um desto mehr einen angenehmen Dienst zu erzeigen, da man, als dieses schätzbare und mit einer grossen Menge so neuer als nützlicher Beobachtungen angefüllte, mit vielen Kupferstichen gezierte Werk, im Jahre 1753. im Drucke erschien, in verschiedenen gelehrten Zeitungen und Monathschriften gewünschet hat, daß es durch eine deutsche Übersetzung gemeinnüziger gemacht werden möchte.
Nürnberg,
den 10ten April 1762.
Adam Wolfgang Winterschmidt,
Kupferstecher in Nürnberg.

Ledermüllers Vorbericht

Es würde mir der Vorwurf versäumter Pflicht mit Recht gemacht werden, wann ich nicht die gütige Aufnahm meiner Mikroskopischen Bemühungen, und den ge neigten Beifall, dessen sich diese Betrachtungen rühmen dörfen, mit aller nur möglichen Dankbarkeit erkennen würde. Ich wünsche nichts sosehr, als daß ein jeder,
der nicht allein meine Kleinigkeiten prüft und untersucht; sondern noch bessere und wichtigere Erfahrungen mit den Vergrößerungswerkzeugen anzustellen gedenket, diejenige Absicht damit verbinden möge, welche ich zum Grunde dieser Ergözung gelegt habe; nehmlich die Werke des Allerweisesten aufzusuchen, um sie zu bewundern, und nicht sowohl die Natur, als vielmehr ihren allmächtigen Schöpfer aus seinen Geschöpfen, so viel in dieser Schwachheit dem Menschen möglich ist, kennen zu lernen. Ich weiß, daß man Gottes Angesicht oder Herrlichkeit so wenig , als Moses, in dieser Welt mit Augen sehen kan; allein es ist uns doch erlaubt, dem Ewigen gleichsam hinten nachzusehen, und dessen Weisheit und Allmacht aus grossen und kleinen Kreaturen zu erkennen und zu verehren. Gnade genug für solche Menschen, wie wir sind! Aber eben diese Güte lasset uns auf die Vorzüge schliessen, die wir vor allen andern Kreaturen von unserm Schöpfer erhalten haben, und wodurch wir überzeugt werden müssen, daß wle einen vernünftigen Geist, ein denkendes Wesen, eine Seele, in uns haben, welche von den Seelen der Thiere so weit unterschieden ist, als das Licht von der Finsterniß.
Walte Gott, daß wir dieselbe nur allezeit zur Verherrlichung ihres Ursprungs gebrauchen möchten!
Gott hat zwar nicht nöthig, von uns verherrlichet zu werden, und der braucht eines Wurmes Lobspruch nicht, welcher über allen unsern Ruhm und unser Lob unendlich weit erhoben ist; deswegen ein französischer Naturforscher in folgenden Worten ganz richtig geurtheilet hat:
L’home fait un merite à l’Eternel de fes petites vues; & l’Eternel qui l’entend du haut de fon trone, et qui connoit fon intention, accepte fa louange imbecille & fourit de fa vanite.
Es ist aber doch unsere Schuldigkeit, und eine Art unsers Gotteesdienstes, wodurch wir bezeugen, und vor der Welt bekennen, daß wir einen Herrn der Welt und unsern Schöpfer wissen, kennen, lieben und verehren, wann wir alles das thun, was zu seiner Ehre gereicht. Zu dem ist die Seele nicht weniger ein uns von Gott anvertrautes Pfund, welches wir nicht vergraben, sondern damit wuchern sollen. Mit diesem Pfunde können wir uns die besten Schätze erringen, die weder Motten, noch Rost fressen, da die Diebe weder nachgraben, noch stehlen. Wir können Güter erhalten, die uns keine menschliche Gewalt, sie sei so groß als sie wolle, nehmen kan. Alle andere Güter und Reichthümer müssen wir nach dem Tod der Welt zurüke lassen; diejenigen aber, welche sich unsere Seele erwirbt, gehen auch mit in unser Grab, und in die Ewigkeit.
Vielleicht würde ich für eitel und ehrgeizig oder wohl gar für fanatisch angesehen werden, wann ich mich als den Urheber jener Meinung darstellen wolle, daß ein Naturforscher vor vielen andern nach seinem Tode glücklich sei, weil er seine gesammleten Erkenntnise mit sich in jene Welk nehmen wird. Zu meinem Glücke ist dieser Gedanke scholl ziemlich alt. Ich will nur einen einzigen Zeugen anführen. Schon vor 50. Jahren hat einer der berühmtesten und vernüftigsten Gottesgelehrten seiner Zeit, der Königlich Englische Oberhofprediger Peter du Moulin in seinem Frieden der Seel und Vergnügung des Gemüths, diese Meinung als eine Wahrheit vertheidigt. Nachdem er verschiedene Wissenschaften, welchem jener Welt nichts nuzen, der Seele in ihrem künftigen Leben abspricht; so erklärt er sich in folgenden Gedanken also:
„ Aber was höhere und dem Verstände allem zukommende Wissenschaften anlanget, scheinet ganz wider die Vernunft zu laufen, daß ein Geist, der sich durch einen langwierigen Fleiß geübet, und einen grossen Schaz an Wissenschaften zusammen gebracht, dieses alles plözlich durch den Tod verliehre, und daß die Seele eines Naturkündigers so leer von Geschicklichkeit und Wissenschaft sein werde, als die Seele eines armen Tagelöhners rc. Solle Gottes heiliges Wort uns so ernstlich befehlen, nach Weisheit und Verstand zu trachten, wann die Seele dieses erworbene Gut nicht solle mit sich nehmen können? rc. Daher ist zu vermuthen, daß die Naturkündiger, und die, so Gottes Werke betrachten, in ihrem Sterben nicht alles verliehren werden; weil die Macht und Weisheit des Schöpfers aus allen seinen wunderbaren Werken zu erkennen, die schuldige Pflicht und Vollkommenheit des Geschöpfes ist. Doch halte ich auch dafür, daß die Seele in ihrer Verklarung, diese fürtrefliche Wissenschaften viel vollkommener werde verstehen lernen.“
Derjenige vornehme Gönner, der mir vor einem Jahr den Einwurf bei unserer Unterredung von der Seelen Unsterblichkeit gemacht hat,daß, weil ein Rasender, oder einer, der mit der hinfallenden Sucht und andern dergleichen vernunftlosen Krankheiten beschwert ist nichts kluges oder verständiges, zu unternehmen pflege, er dahero auch nicht glauben könne, daß die Seele einen besondern Theil unsers Wesens ausmache rc wird ebenfals alda seine Antwort und Abfertigung finden; weil es hier der Ort nicht ist, davon zu schreiben, noch auszumachen, was die Seele sei, und wie sie inn und durch den Körper winke, zumalen da schon Schrif ten
genug von dieser Materie der Welt mitgetheilet worden sind.
Uebrigens mögen immerhin die Feinde der Naturkunde unsere kleinen Bemühungen mit stolzer Verachtung ansehen, und dieVergrösserungsinstrumente mit einem hochmüthigen Mitleiden betrachten. Es ist genug, wann wir nur den wahren Werth derselben wissen, und in uns selbst von dem reizenden Vergnügen überzeugt sind, welches wir durch dergleichen angenehme Beschäftigungen uns zu allen Zeiten, gegenwärtig und zukünftig, verschaffen können. Unsere Wissenschaft hat dieses unverdiente Schicksal nicht allein. Dann wo ist eine von welcher ein Verächter nicht nachtheilige Kritiken machen kan?
Ich meines Orts weiß wenigstens keine Beschäftigung zum erlaubten Zeitvertreib müßiger Stunden, die so viel gutes in sich zusammen verbindet, als die praktische Naturkunde, und die Erfahrungen mit dem Mikroskop. Hier ist gleichsam ein beständiger Gottesdienst, und der Geist wird stets in die Höhe zu dem Schöpfer, zu dem weisesten Werkmeister desjenigen gezogen, was mam vor sich durch das Glas sieht. Man wird auf hundert und tausend andere Meisterstücke des Allmächtigen gewiesen. Seelige Gedanken verfolgen einander von stiller Bewunderung, von tiefer Ehrfurcht und heiligem Schauer begleitet. Man wird lebhaft von der Wahrheit der Worte Davids überzeugt: Groß sind die Werke des Herrn, wer ihrer achtet, der hat eitel Lust daran. Denn in dem kleinen, unsichtbaren Geschöpfe lasset sich die Allmacht und Weisheit des Schöpfers mehr bewundern und verehren, als im gross sen. Wir greifen alsdann denen Paulinischen Worten Röm. 1, 20, in das Herz Wie deutlich und schön werden sie uns: Gottes unsichtbares Wesen, das ist seine ewige Kraft und Gottheit, wird ersehen aus den Werken nehmlich aus der Schöpfung der Welt. Man machet reife Schlüsse; man muß endlich auch auf sich kommen, und denkend fragen: Wer bin ich? Wie bin ich gemacht? Warum besize ich vor allen andern Geschöpfen unserer Welt die grosse Gabe, zu denken, und von den Werken des Allerweisesten mir Begriffe zu machen? Was ist das, daß in mir denkt und Schlüss se macht, und von der Erde biß zu dem Thron des Ewigen sich zu schwingen waget? Sind nun aber solche einsame Beschäftigungen nicht ungleich stetiger, als sich in grossen Gesellschaften verirren, wobey mehrentheils der abwesende Nächste verleumdet, und wenig zu Gottes Ehre, und des Nebenmenschen Nuzen gethan wird?
Die ältesten Kirchenlehrer haben daher die Betrachtung der Werke Gottes selbsten eifrigst angerathen, wie z. B.
S. Bernhardus Serm. Die Welt ist ein Buch von GOtt ge§ schrieben, darinnen wir fleißig lesen sollen, und
S- Cyrillus I. contra Julianum. Diele Philosophie ist ein Catechismus, der uns zum Glauben leitet.
Und so etwann die Feinde und Spötter der Religion altere Beweise verlangen wollen; so mögen sie nur fein aufmerksam nachlesen, was Cicero, Seneca, Plinius und andere in verschiedenen Schriften von der Nothwendigkeit der Naturkunde so deutlich geschrieben haben.
Ich will indessen der Vermahnung des Elihu folgen Job. 36.v. 24.25. Gedenke daß du seine Werke preisest rc.
Was ferner in kranken und einsamen Stunden das Mikroskop für ein vortrefliches Mittel sei, sich selbst sein Leiden vergessend zu machen, das Gemüth zu ermuntern, und die verdrießlichsten Tage angenehm hinzubringen, das habe ich vor vielen andern am besten erfahren.
NihiL tam acerbum est, in quo non aequus animus folaminis quiddam inueniat.
Diese Beschäftigung führet uns zu gleicher Zeit m die Gesellschaft der Todten, in die Bekanntschaft der allerältesten und neuesten Gelehrten und Naturforscher. Wir werdest von ihr gleichsam an der Hand in die besten Büchersäle und Naturalienkammern geleitet. Unser Verstand wird dadurch immer heller aufgeklärt, unsere Erfahrungen erweitert, und unsere Seele mit vielen Schäzen bereichert. Wir lernen die Fehler und Irrthümer der alten, vermittelst unserer Gläser, erkennen, und werden durch diese Werkzeuge in den Stand gesezt, das wahre von dem falschen zu unterscheiden, ja selbst den wahren Sinn der Offenbarung in manchen Stellen deutlicher zu erklären und zu verstehen. Wie weit man es durch ein vollkommenes Mikroskop, welches alle Linsen Gläser biß zur höchsten Vergrößerung hat, aniezo bringen kan, und welch eine Schärfe es dem Auge giebt, in die Geheimnisse der Natur einzudringen, dieses werden die bißherigen Entdekungen der Saamenthierchen am besten bezeugen. Hatte der vortrefliche Herr von Büffon ein gutes Numer o. oder oo. in einem einfachen Handmikroskop zur Beobachtung dieser Thierchen gebraucht; so würde derselbe ganz andere Dinge gesehen haben, als dieser berühmte Gelehrte in seiner allgemeinen Naturhistorie abgebildet hat. Er hätte eben diejenigen Körperchen mit ihren Schwänzchen, und ihre willkührlich freie und schnelle Bewegung von einem Ort zum andern sehen müssen, welche nach der Hand auch der berühmte Herr von Haller, der nun seelige Herr Professor Poley in Weissenfels, und viele andere noch lebende ansehnliche Gelehrte deutlich entdeckt und bewundert haben, und wovon in den Parergis Goettingeuf. Tom. I. Lib. I. Obs. VI alles gesagt worden ist, was man nur immer davon zu wissen verlangen kan.
Was in der Pflanzenlehre und Kräuterkunde, vermittelst dieser Werkzeuge, wie auch in der Zergliederungskunst für grose Erweiterungen und Entdeckungen gemacht worden sind, liegt in den herrlichsten Schriften klar am Tage; worunter die vortrefflichen Werke eines Herrn Hofrath Trews, Hofrath Schmiedels, Docktor Hills, und das ganz neuerlich zum Vorschein gekommene Neueste aus dem Reiche der Pflanzen rc. des Herrn Geheimenrath von Gleichens Exzellenz, billig den Vorzug verdienen.
So gewiß nun aber auch dieses alles ist, so weit bin ich jedoch entfernt, zu behaupten, daß man aus dem Mikroskopischen Vergnügen ein Hauptwerk machen, nöthigere Geschäfte liegen lassen, oder diesen unschuldigen Zeitvertreib andern wichtigern Verrichtungen vorziehen soll. Alles hat seine Zeit; und so auch das beobachten durch die Vergrösserungswerkzeuge. Nur sollen, wie gedacht, die Verächter derselben auch so billig sein, und diesen so nüzlichen Instrumenten ihren wahren Werth lassen, den sie sich bereits aus der Erfahrung erworben haben.
Wie ich nun aber mit diesem dritten Fünfzig meine Mikroskopische Gemüths und Augen- Ergözung zu schlüssen gedenke; so sehe ich nichts mehr übrig, als den g. L. die Versicherung zu geben, daß die bißherige so geneigte Aufnahm derselben mich aufmuntern werde, meine Beobachtungen in mehr ausgearbeiteten einzelnen Abhand-lungen, jedoch in einer andern Form und unter einer andern Benennung, fortzusezen, wann die ewige Güte mir die hierzu erforderlichen Kräfte noch ferners verleien wird. Eine Probe davon ist bereits in den Händen meines Verlegers, des Herrn Winterschmids, so sowohl mit Text, als Kupfern auf fein Holländischen Pappier bis künftiges Monat unter dem Titel: Versuch einer genauen Zergliederung des Korns rc zu haben; welche auf vier in Folio fein gestochenen Kupfertafeln mehr, als achzig bis neunzig Figuren enthält, und. sowohl das wurzeln und keimen des Korns, als auch die übrigen Theile des ganzen Halms, der Blätter, des Strohes, der Aehre und des Meels natürlich und vergrössert verstellen wird. Und eben diese so geneigte Aufnahm und Beurtheilung wird wohl auch das allersicherste und kräftigste Mitte! sein, den neidischen Tadler auf das kürzeste abzufertigen. Ich hätte vielleicht ebenfalls ein paar duzend ansehnliche Elogen oder Schmeicheleien mit anbringen können, welche mir von vielen erhabenen und gelehrten Gönnern, in Briefen, über meine bißherigen Ausgaben zugekommen sind, wann ich nicht die Kritiken und Beurtheilungen öffentlicher gelehrter Blätter, Journale und vieler anderer ansehnlicher Schriften und periodischer Werke, schon für geschickt genug hielt, sie als Richter und Zeugen über den Werth meiner Kleinigkeiten, aufzustellen.
Irren ist menschlich. Und sollen andere erfahrne Augen zuweilen besser gesehen haben, als ich; so werde ich ihre Erinnerungen niemals anderst, als mit Dank, annehmen. Wenn es nur keine gar zu übertriebene Kleinigkeiten sind. Dann wer kan es z.B. loben, wann ein tadelsüchtiger Geist sich dadurch einen grossen Ruhm zu erwerben suchen wolle, daß er die Haare an einer Müke, oder die Federn an einem Zweifalter zehlet, und mich bestraffet, daß ich dieses anzumerken unterlassen hatte?
Denjenigen aber, welche nur alle Jahr einmal, in ein Vergrösserungsglas, wie die Kinder in einen Raritätenkasten, sehen, und damit eben so verständig umzugehen wissen, als der Affe mit der Nadel, werde ich auf ihren Tadel so wenig antworten, als einem Handwerksburschen, wann er als ein Freidenker mit mir streiten wolle.
Der Preiß für diese Ausgaben ist endlich auch so billig von meinem Herrn Verleger bestimmt worden, daß ein jeder ohnpartheiischer Liebhaber in Gegeneinanderhaltung anderer Werke, den Unterschied von selbsten einsehen wird.
Ich wünsche mir zum Schluße nichts mehr, als noch fernerhin solchen Lesern und Liebhabern meiner Beobachtungen zu gefallen, welche mich bißher ihres freiwillig höchstschäzbaren und ohnpartheiischen Beifalls gewürdiget haben. Und zu derselben und der sämmtlich g. L. gnädig, hochgeneigt und gütigen Huld, Gewogen-heit und Liebe empfehle ich mich unterthänigst, gehorsamst und ergebenst.
Nürnberg den 1. September 1763.
Martin Frobenius Ledermüller.

I. Brief.

Werthester Freund!
Ich bedauere, daß Ich ihnen so spät mein Versprechen halten kan. Hat es Denenselben vielleicht zu lange gewähret? so thut es mir leid. Meine Ihnen bekannten Umstände; die Veränderung meiner Oekonomischen Angelegenheiten und andere Geschäfte, werden mich bey Denen selben als einen billigen Freund, zur Genüge entschuldigen. Mir hat es ebenfals zu lange angestanden, bis ich Ihnen diese Blätter zuschreiben können.
Lassen Sie dieses Straffe genug für mich seyn. Denn mir ist nichts empfindlicher , als wann ich mein gegebenes Wort nicht halten kan. Es giebt Stunden und Zeiten, welche unser Versprechen entkräften, Fälle, welche ausser uns sind, und nicht in unserer Gewalt stehen.
Sie wissen es so gut als ich, wie viel Bitteres dergleichen herrschende Zeitpunkten des unveränderlichen Schicksaols, in sich haben. Ich kennte Ihnen vieles davon erzehlen, ich sehe aber hier keinen Platz dazu. Soll ich Ihnen Anleitung geben wie man mit denen bekanntesten Mikroskopen umzugehen pflegt; so schicken sich dergleichen Geschichten nicht hierher, sondern mögen so lange ruhen, bis sie etwa dereinstens eine andere Stelle finden werden.
Ist es aber wahr, daß Sie ein bloser Anfänger sind? Sie versuchen mich ja nicht? Der Teuffel ist jetzo sehr geschäftig. Er gehet unter allerley Gestalten, Karacktern, Ständten, Geschlechten und Altern herum, uns in Versuchung zu führen, und wo er nicht hin mag, da schickt er seine Schuppen, oder wie die Offenbarung es vortrcfiich ausdruckt: Und die seines Theils sind.
Nun wohl, ich glaube Ihnen, denn, ich kenne Ihr gutes Herze, und dahero will ich Sie auch, mein Werthester! als einen Anfänger unterweisen. Sie sollen zu allererst die A.B.C. Tafel, und dann bey praktischen Beobachtungen, Bleysteft, Pensel, Farben und Federn, nebst dem Mikroskop, vor die Hand nehmen.
Haben Sie denn aber auch alle Mikroskope, die ein ächter Liebhaber derselben haben soll? Ich will sie Ihnen anzeigen; sehen Sie in Ihrem Kabinette nach, ob Ihnen keines abgehet. Ich halte aus der bisherigen Erfahrung dafür, daß das Wilsonische Handmikroskop den ersten Platz verdiene, weil ich es fast zu allen andern Instrumenten gebrauchen kan; gleichwie Sie aus nächstfolgender Beschreibung desselben, mit mehreren erkennen werden. Denn das Sonnenmikroskop z.B. kan ohne dasselbe, nicht das geringste Objeckt vorstellig machen , und das Marschallische oder Härtlisch zusammengesetzte, mag noch so sehr gepriesen werden, ich meines Orts setze es dem Wilsonischen weit nach.
Zweytens folgt das Marschallische oder Härtlisch- zusammengesetzte, mit der langen Cylindrischen Röhre und denen beeden Erleuchtungsspiegeln.
Drittens, das Sonnenmikroskop: und.zwar halte ich die Kuffischen aus Londen, für die besten. In Nürnberg macht sie Herr Burucker.
Viertens, ist zu opacken oder undurchsichtigen Körpern auch besonders noch das Zirkelmikroskop, mit den Metallspieqeln, sehr dienlich. Sollten sie es noch nicht haben, so übereilen Sie sich nicht mein Freund! mit Erkauffung desselben. Des Hochfürstl. Bayreuthischen Herrn Geheimbden Rath und Reiß-Oberstallmeister von Gleichens, genannt Rußwurm, Hochfreyherrl.Excellenz, haben ein wahres Universalmikroskop erfunden, welches zwar nichts anders als ein zusammengesetztes Zirkelmikroskop ist, hingegen aber zwey metallene Holspiegel hat und zu opacken Körpern vortrefliche Dienste thut, auch zu allen andern Mikroskopen, sogar zu einem Anatomischen gemacht werden kan. Vielleicht erhalte ich von diesem hohen Gönner und Mäcen die Erlaubnus, solches abzeichnen und Ihnen ebenfalls einen Abriß davon übersenden zu dürfen.
Gedulten Sie Sich also, mein Werthester! nur noch eine kleine Zeit, ich will mir alle Mühe geben, Ihnen und vielleicht allen andern Freunden des Mikroskopischen Vergnügens, dieses gemeinnützliche neue Instrument, bekannter zu machen.
Fünftens, dient mir das Oekonomieglas zu unzählich guten Gebrauch. Einige nennen es auch das Suchglas, und sie haben nicht unrecht. Da ich aber das Suchglas besonders in Horn gefaßt, das Oekonomieglas aber als eine Glocke, auf einem kleinen Gestelle stehend habe, das einem runden Tischgen gleich siehet; so finde ich daher keinen Anstand, einem jedem Instrument den Nahmen nach dem Werth seines Gebrauchs zu geben. Wie Sie künftig, wann ich Ihnen ein jedes besonderes abgezeichnet und beschrieben schicken werde, eine mehrere Ueberzeugung davon erhalten sollen.
Sechstens, gebrauche ich das Suchglas die kleinen lebendigen Kreaturen im Wasser aufzusuchen, die Milben auf dem Käse, den Blumenstaub, die Polypen und übrige Wasserkreaturen zu entdecken, und anderes mehr zu finden. Es muß daher etwas stärker vergrößern, als das Oekonomieglas , sonst werde ich gewiß nicht die Schlammthierchen im faulen Wasser damit sehen können.
Siebendens, werden besondere Instrumenten erfordert, den Kreißlauf des Bluts in lebendigen Kreaturen, wie z.B. in Fröschen, Fischen, Wassereidexen rc und dergleichen zu beobachten, und hierzu gehört das sogenannte Anatomische, welches der ehemalig so grosse und der Unsterblichkeit würdige Naturforscher, Herr Dr. Lieberkühn zu Berlin erfunden und beschrieben hat. Da dieses Instrument von vergoldeten Messing oder Kupfer, zu Berlin gemacht und verkauft wird, so kan es mancher Liebhaber der keine grossen Mittel hat, nicht kauffen. Es hat aber Tit. Herr Hofrath und Professor Delius zu Erlang, mein Hochgeschätzter Gönner, eben dieses Instrument sich von Holz machen lassen, und kan man wohl nichts bequemers finden, als diese sehr einfache Maschine. Sehen Sie nur in dem 1. und 4ten Band der beliebten fränkischen Sammlungen nach, so werden Sie die ganze Geschichte dieses erleichterten Instruments, umständlicher erfahren können. Die erste Kupfertafel meiner Mikroskopischen Ergötzungen wird es Ihnen ebenfalls zeigen; und vielleicht schicke ich Ihnen solches selbsten, zergliedert. Es thut erwünschte Dienste, und hat bis daher bey Hohen und Niedrigen allen Beyfall gefunden.
Es ist eine Hauptregel bey allen Mikroskopen: Je einfacher, je besser. Je weniger zusammen gesetzt, je angenehmer und vorzüglicher.
Mehrere habe ich der Zeit nicht nöthig gefunden, mir anzuschaffcn. Nun können Sie Nachsehen; vergessen Sie auch nicht die übrigen mit dazu gehörigen Werkzeuge und Instrumenten, zu durchsuchen: Auch von diesen will ich Ihnen ein kleines Verzeichnuß mittheilen. Da aber gegenwärtige Blätter, die Gränzen eines Briefes überschreiten wollen, so verspahre ich das Uebrige bis nächsten Posttag. Leben Sie indessen recht wohl und vergnügt.

II. Brief.

Es ist mir sehr lieb gewesen aus Ihrer angenehmen Antwort ersehen zu haben, daß Ihnen der Anfang meines A.B.C. Buchs, nicht übel gefallen hat. Ich soll also damit fortfahren? Gut; ich halte mein letzteres Versprechen, und hier haben Sie denn eine flüchtige Verzeichnus meines übrigen Mikroskopischen Hausgeräths, welcher ich einige Regeln beygefüget, die Ihnen gewiß gute Dienste, bey dem Gebrauch der Mikroskope, leisten können.
Wer pracktisch die Mikroskope gebrauchen will, soll haben,
1) Ein gutes gesundes paar Augen.
2) Geschickte geschmeidige und stete Hände, welche zu Einfassung der Objeckten und Gläser sich gut schicken. Eine zitterende Hand taugt gar nicht zum Mikroskop.
3) Eine fast mehr als menschliche Gedult. Das schöne Geschlecht solte vor allen die Freunde der Mikroskope zu Ihren künftigen Ehegatten ausersehen, weil diese Herren, so grosse Meisterstücke der Gedult durch den Gebrauch der Vergrößerungsgläser, beständig zu Tage legen; oder man könnte auch die Gedult des schönen Geschlechtes, auf eine monatliche Probzeit, mit der pracktischen Behandlung sämmtlicher Mikroskope und was dazu gehört, setzen: Vielleicht würden mehr Schieber und Glaser von demselben hinter die Thüren geschmissen werden, als von dem Unsrigen. Endlich auch
4) Ein ungezwungenes Geschicke; und wenn ich so sagen darf, einen natürlichen Trieb und Reiz, zu mikroskopischen Untersuchungen.
Es giebt gewisse Herren, welche das Mikroskop für ein recht elendes Kinderspiel ansehen. Ja ich habe sie so gar seuffzen hören, daß sonst gescheite, grosse und gelährte Leute, ihre Nebenstunden so gar schlecht damit zubringen mögen. Diesen siehet man es flugs an den Fingern an , wann sie zuweilen genöthiget sind, aus Ehrerbietung oder Höflichkeit, nur ein einfaches Wilsonisches Vergrösserungsglas, vor das Aug zu halten. Man kan sich des Lachens nicht enthalten über die mehr als kindische Positur, die sie dabey machen; und gemeiniglich müssen sie doch zulezt eingestehen, daß es eben keine so gar geringschätzige noch leichte Sache seye, Mikroskopische Versuche anzustellen als sie sich zuvor eingebildet haben. Doch diese gehören nicht in unsere Classe.
Noch eine andere Art wahrer Liebhaber aber kenne ich, die nicht vermögend sind ein Aug zuzuschlüssen und das andere offen zu halten, wenn sie etwas observiren wollem. Diese sehen die Objeckte nicht so gut als wir, die wir unsern beeden Augen befehlen können, welches sich schlüssen und welches offen bleiben solle. Denn wenn sie es auch mit einer Hand zudrücken, so müssen sie doch mit der andern das Mikroskop vor das Aug halten, und dann brauchen sie noch eine dritte Hand, um die Schraube und den Schieber zu richten. Gleichwie sich aber alles gewöhnen lässet, also wird es auch ein leichtes seyn, sich diesen kleinen Zwang, wann man alleine ist,anzuthun und sich in seinem Kabinette mit Zuschlüssung des linken ober rechten Auges, zu üben. Eine Kleinigkeit, die aber bey einem pracktischen Liebhaber, von guter und nüzlicher Folge ist. Die Schieber sind ohnstreitig nach dem Mikroskop selbst, der allernöthigste Haußrath. Je mehr man deren hat, je besser ist es. Man muß doppelte und einfache haben, das ist, einige mit zwey, und andere mit einem Schüsselförmigen Gläschen. Die doppelten zu Einsperrung lebendiger Sachen; die einfachen, zu Salzen und andern flüßigen Materien.
Die Schüsselförmigen Schieberglaschen sind nicht allemal zu bekommen, wann man sie auch theuer bezahlen wollte. Daher ist es recht vortheilhaft, wann Sie mein Werthester! die Kunst lernen, Sich Selbsten solche zu machen. Ich will Ihnen auch diesen Vortheil mit ehesten mittheilen.
Die Ringlein womit die Schiebergläslein eingesprengt und gehalten werden, mache ich mir selbst, vermög eiues sehr schlechten Jnstruments, von gelben Drad, weil der eiserne gerne rostet. Diesen Handgrif sollen Sie ebenfalls künftig erhalten.
Ein feines Kornzänglein, um die Linsengläsgen, kleine Inseckten, und andere damit zu fassen; spitzige Haarpensel, auch zugespitzte Federkiele, die kleinen Wasser-Kreaturen, Kleisteraale, besonders die Salze aufzutragen. Zu einen jeden Salz und andern Flüssigen , müssen Sie Ihren eigenen Pensel verwahren. Ich will Ihnen schon zu seiner Zeit den Nutzen davon bekannt machen.
Man kan leicht einem ganzes Glas voll Kleisteraale, mit einem einzigen unrechten Pensel das Leben nehmen, der zuvor zu Chymischen Salzwassern gebraucht worden ist. Und wie wollen Sie reine Krystallen z.B. nur von Kuchensalze bekommen, wann noch von der Hirschhorn- oder Salmiackauflösung etwas am Pensel hangt?
Der Linsen-Vergrösserungsgläser sowohl als die Schüsselförmigen Schiebergläschen vorn Staub und Schmuz zu reinigen, müssen sie einige Stückchen reines wolligtes Leder, das beste dazu ist, von Gemsen, haben. Wann der Schmuz mit frischen Wasser nicht von Glasern will, so wascht man sie mit Weingeist ab.
Ein paar kleine Lanzetten, scharfe Messerlein, Nadeln, und ein feines Scherlein, um damit die Aale zu zerschneiden, Frösche, auch andere kleinere Inseckten zu öffnen rc. sind Ihnen auch nicht überflüssig.
Und endlich verschiedene Stückchen vom Glase, als z.B. einige runde Tellerchen oder auch kleine Sackuhrgläser, um eine Menge Schlammthierchen auch einzelne Kreaturen unter der zusammen gesetzten Röhre des Marschallisch- oder Härtlischen Mikroskops darauf oder dazwischen untersuchen zu können. Ferners, feine Haarröhrchen, die verschiedene Säffte darinnen hinaufsteigen zu lassen, und vor das Mikroskop zu bringen. Wie auch stärkere und weitere Cylindrische Röhrchen, kleine Fischgen oder etwas Schlammwassers darinnen aufzubehalten, und zwischen das Wilsonische Mikroskop gleich einen Schieber, bringen zu können. Wollen sie auch noch etliche glatte Stückchen Glas dazu legen, welche die Form der Schieber in ihrer Länge und Breite haben, um zwischen zwey solche Lamellen, Mikroskopische Kreaturen einsperren zu können, so mögen Sie es thun, mir waren sie überflüssig, da ich keine sichere Erfahrung damit anstellen können.
Solten mir noch mehrere solche Geräte in die Hände kommen, die mir jetzo nicht beyfallen, so will ich sie künftig nachbringen. Heute erlauben mir meine Geschäffte nicht, ein mehrers zu schreiben. Daher bitte ich Sie, darfür besorgt zu seyn, daß Sie allezeit recht wohl leben mögen.