Stichworte: Aqua-Metazoa, Eukaryoten, Fauna, Historie, Mikroskopie, Rösel, Hydren, Bewie's Mikrowelt Polypen-Läuse und -Eier Um von hinten anzufangen: Fig. 3 stellt die von Rösel beobachtete spontane Querteilung eines Polypen dar. Fig. 4 zeigt eine Hydra mit den bekannten Polypenläusen (Trichodina pediculus). Rösel glaubte, dass seine Polypen an einer Trichodinenplage eingehen können. Aber was ist auf Fig. 1 und Fig. 2 zu sehen? Zunächst einmal Rösels eigene Beschreibung zu diesen Bildern: „Ich habe nämlich im Herbst, an mehreren Polypen dieser Art, wahrgenommen, daß aus ihrem Lebi etwas hervor wuchs, welches gleich anfangs, weder für einen ausserordentlichen Arm, noch für einen Jungen halten konnte, ob selbiges gleich an einigen ein verschiedenes Ansehen hatte. Bey den meisten kam dieses Gewächs auf auf folgende Weise zum Vorschein: Anfangs zeigte es sich als ein aus verschiedenen groben, aber hellen Körnern bestehende hervorragende Beule, diese wuichs nachgehends von Stund zu Stund, bis sie endlich das Ansehen eines runden, aber niedrigen Fußgestelles bekam; bald darauf, ja fst schon, da die Beule noch im Wachsen war, kam mitten aus selbiger eine Kugel hervor, welche immer scheinlicher wurde, bis sie zu ihrer vollständigen Grösse und Gestalt gelanget zu seyn schien, und so aussah, wie es Fig. 1 an einem vergrösserten Polypen vorstellet.. Die Kugel ist hier mit a bezeichnet und b ist das Fußgestell derselben, auf welchem die Kugel anfangs ganz genau anstund. Nach und nach sonderte sie sich aber immer mehr und mehr davon ab, und endlich wurde ich durch das Vergrößerungsglas gewahr, dass sie nur noch an einem sehr zarten Faden hing, bis sie zuletzt, eben da ich selbige betrachtet, gleich einer zeitigen Frucht abfiel. Zwischen ihrem Hervorkommen und Abfallen verflossen 4 Tage und bald darauf hörte der Polyp zu leben auf, wie denn einige eine halbe Stunde nach dem Abfallen; andere aber den folgenden Tag starben. Weil ich nun nicht wuste, was ich aus dieser Kugel machen sollte: so betrachtete ich solche mit den besten Vergrösserungsgläsern oft auf das genaueste, konnte aber weder Bewegung noch Leben in selbiger wahrnehmen. Fig. 2 stelölet uns dieselbe noch einmal so gros vor, als die erste; so rund sie aber aussiehet, so ist sie doch nicht glatt, sondern ihre Oberfläche ist, gleich einem Meerigel oder Seapfel, rings herum, gleichsam mit vielen zarten, aber so wohl an Länge als an Steife ungleichen Stachelspitzen dicht besetzt; überdem ist sie auch undurchsichtig und von brauner Farbe. Weil ich auf den Gedanken kam, es mögten diese Kugeln der Polypeneyer oder ein Behältnis derselben seyn: so sammelte ich ihrer viele auf das sorgfältigste, verwahrte selbige etliche Monate und betrachtete sie mit allem Fleis zum wiederholtenmalen; allein sie blieben so, wie sie anfangs gewesen waren; weswegen ich sich dann unter ein zusammengesetztes Microscopium brachte, und durch Hülfe eines zarten Instrumentes zerdrückte, ohne jedoch das geringste von einer solchen Feuchtigkeit wahrzunehmen, dergleichen sonst in allen Insecteneyern befindlich ist, indem sie vielmehr eine gleich dem Wuchs zähe Materie enthielten. Ich ließ also meine Meinung, in diesen Kugeln Eyer zu finden, fahren und hielte sie vielmehr für eine Krankheit, welche den Tod der Polypen beförderte.“ Mit dem Gedanken an Eier war Rösel durchaus auf dem richtigen Weg. Hydren vermehren sich bei gutem Nahrungsangebot durch Knospung. In schlechten Zeiten bilden sie dagegen Geschlechtszellen, im Extremfall ein einziges, von einer Hülle (embryonaler Theka) umgebenes Ei (aus: Spezielle Zoologie, Teil 1: Einzeller und wirbellose Tiere; Spektrum Akademischer Verlag, 2004; ISBN 3-8274-1482-2). Das Aussehen dieser Theka-ummantelten Eier entspricht dem, was Rösel beobachtet hat. Dass er nach typischen Merkmalen von Insekteneiern gesucht hat und dadurch von seiner ursprünglichen Theorie abgebracht wurde, war der entscheidende Fehler bei der Interpretation dieser Beobachtungen. Dass die Hydren danach eingingen, ist Folge der verschlechterten Lebensbedingungen, die sie dazu gebracht haben, Oozyten zu entwickeln – und nicht umgekehrt, wie Rösel meinte und deswegen eine Krankheit diagnostizierte. Aus: Rösel von Rosenhof, Historie der Polypen und anderer kleiner Wasserinsecten (1755)
Um von hinten anzufangen: Fig. 3 stellt die von Rösel beobachtete spontane Querteilung eines Polypen dar. Fig. 4 zeigt eine Hydra mit den bekannten Polypenläusen (Trichodina pediculus). Rösel glaubte, dass seine Polypen an einer Trichodinenplage eingehen können. Aber was ist auf Fig. 1 und Fig. 2 zu sehen? Zunächst einmal Rösels eigene Beschreibung zu diesen Bildern: „Ich habe nämlich im Herbst, an mehreren Polypen dieser Art, wahrgenommen, daß aus ihrem Lebi etwas hervor wuchs, welches gleich anfangs, weder für einen ausserordentlichen Arm, noch für einen Jungen halten konnte, ob selbiges gleich an einigen ein verschiedenes Ansehen hatte. Bey den meisten kam dieses Gewächs auf auf folgende Weise zum Vorschein: Anfangs zeigte es sich als ein aus verschiedenen groben, aber hellen Körnern bestehende hervorragende Beule, diese wuichs nachgehends von Stund zu Stund, bis sie endlich das Ansehen eines runden, aber niedrigen Fußgestelles bekam; bald darauf, ja fst schon, da die Beule noch im Wachsen war, kam mitten aus selbiger eine Kugel hervor, welche immer scheinlicher wurde, bis sie zu ihrer vollständigen Grösse und Gestalt gelanget zu seyn schien, und so aussah, wie es Fig. 1 an einem vergrösserten Polypen vorstellet.. Die Kugel ist hier mit a bezeichnet und b ist das Fußgestell derselben, auf welchem die Kugel anfangs ganz genau anstund. Nach und nach sonderte sie sich aber immer mehr und mehr davon ab, und endlich wurde ich durch das Vergrößerungsglas gewahr, dass sie nur noch an einem sehr zarten Faden hing, bis sie zuletzt, eben da ich selbige betrachtet, gleich einer zeitigen Frucht abfiel. Zwischen ihrem Hervorkommen und Abfallen verflossen 4 Tage und bald darauf hörte der Polyp zu leben auf, wie denn einige eine halbe Stunde nach dem Abfallen; andere aber den folgenden Tag starben. Weil ich nun nicht wuste, was ich aus dieser Kugel machen sollte: so betrachtete ich solche mit den besten Vergrösserungsgläsern oft auf das genaueste, konnte aber weder Bewegung noch Leben in selbiger wahrnehmen. Fig. 2 stelölet uns dieselbe noch einmal so gros vor, als die erste; so rund sie aber aussiehet, so ist sie doch nicht glatt, sondern ihre Oberfläche ist, gleich einem Meerigel oder Seapfel, rings herum, gleichsam mit vielen zarten, aber so wohl an Länge als an Steife ungleichen Stachelspitzen dicht besetzt; überdem ist sie auch undurchsichtig und von brauner Farbe. Weil ich auf den Gedanken kam, es mögten diese Kugeln der Polypeneyer oder ein Behältnis derselben seyn: so sammelte ich ihrer viele auf das sorgfältigste, verwahrte selbige etliche Monate und betrachtete sie mit allem Fleis zum wiederholtenmalen; allein sie blieben so, wie sie anfangs gewesen waren; weswegen ich sich dann unter ein zusammengesetztes Microscopium brachte, und durch Hülfe eines zarten Instrumentes zerdrückte, ohne jedoch das geringste von einer solchen Feuchtigkeit wahrzunehmen, dergleichen sonst in allen Insecteneyern befindlich ist, indem sie vielmehr eine gleich dem Wuchs zähe Materie enthielten. Ich ließ also meine Meinung, in diesen Kugeln Eyer zu finden, fahren und hielte sie vielmehr für eine Krankheit, welche den Tod der Polypen beförderte.“ Mit dem Gedanken an Eier war Rösel durchaus auf dem richtigen Weg. Hydren vermehren sich bei gutem Nahrungsangebot durch Knospung. In schlechten Zeiten bilden sie dagegen Geschlechtszellen, im Extremfall ein einziges, von einer Hülle (embryonaler Theka) umgebenes Ei (aus: Spezielle Zoologie, Teil 1: Einzeller und wirbellose Tiere; Spektrum Akademischer Verlag, 2004; ISBN 3-8274-1482-2). Das Aussehen dieser Theka-ummantelten Eier entspricht dem, was Rösel beobachtet hat. Dass er nach typischen Merkmalen von Insekteneiern gesucht hat und dadurch von seiner ursprünglichen Theorie abgebracht wurde, war der entscheidende Fehler bei der Interpretation dieser Beobachtungen. Dass die Hydren danach eingingen, ist Folge der verschlechterten Lebensbedingungen, die sie dazu gebracht haben, Oozyten zu entwickeln – und nicht umgekehrt, wie Rösel meinte und deswegen eine Krankheit diagnostizierte. Aus: Rösel von Rosenhof, Historie der Polypen und anderer kleiner Wasserinsecten (1755)