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Der Anfang des Lebens

Auf der niedrigsten Stufe des selbstständigen Lebens stehen die Prokaryoten: Bakterien und Archaeen (Archebakterien). Sie sind relativ einfach gebaut, besitzen aber einen eigenen Stoffwechsel und können sich selbständig vermehren. Viren sind zwar noch einfacher gebaut, doch sie können auf sich alleine gestellt nicht existieren: Sie können selbst keinen Stoffwechsel etablieren, sie brauchen eine Pro- oder Eukaryotenzelle, um (fremde) Stoffwechselvorgänge zu benutzen und sich zu vermehren. Sie können somit auch nicht an der Entstehung des Lebens beteiligt gewesen sein, sondern sind eher Teilstücke, die irgenwann einmal abgespalten wurden und als parasitische Existenzformen verwildert sind.

Der Name Prokaryoten signalisiert, dass diese Zellen keinen Zellkern besitzen; vielmehr schwimmt ihr DNA-Faden (ebenso wie die Plasmide) frei im Zytoplasma. Bei den Eukaryoten ist die DNA in einem Zellkern konzentriert, dessen Inhalt durch ein Membransystem vom Rest der Zelle getrennt ist.

Bild 1 zeigt den prinzipellen Aufbau der Prokaryotenzelle.

Bild 1: Vereinfachtes Schema einer Prokaryotenzelle mit ihren wichtigsten Elementen. Sie besteht aus dem wässrigen Zytoplasma (hier hellblau) und der Zellmembran (hellbraun). In die Membran eingelagert sind zahlreiche Proteine, die als Kanäle und Rezeptoren den Kontakt zur Außenwelt herstellen. Fast immer wird die Membran noch von einer aus Murein bestehenden stabilen Zellwand umgeben, die das Bakterium zusammenhält. Ihr Aufbau wird beispielsweise durch Penicillin verhindert, so dass die nachwachsenden Bakterien platzen und zugrunde gehen. Die sogenannten gramnegativen Bakterien haben außerhalb der Zellwand noch eine weitere Schicht, die ihnen zusätzliche (und zum Teil für den Menschen gefährliche) Eigenschaften verleiht. Diese Schicht enthält Poren, die sie durchlässig machen für das umgebende Wasser samt seinen gelösten Stoffen. Im Zytoplasma finden wir frei herumschwimmend die DNA, die in einem langen zusammengeknäulten Faden ohne Ende und in kürzeren ebenfalls meist ringförmigen Plasmiden organisiert ist. Dies ist einer der wichtigsten Unterschiede zu den Eukaryoten, bei denen die zelleigene DNA in einem durch Membranen abgegrenzten Zellkern (Nucleus) konzentriert ist. Allerdings ist bei den Prokaryoten die zusammengeknäulte Haupt-DNA an einer Stelle der Zelle konzentriert, die als Nucleoid bezeichnet wird – kernähnliches Gebilde. Weiterhin enthält die Prokaryotenzellen Ribosomen, die eine wichtige Rolle bei der Umsetzung der genetischen Baupläne in Proteine (Translation) spielen. Die Thylakoide sind membranumhüllte und geldrollenartig gestapelte Gebilde, die man bei Prokaryoten findet, die Sonnenlicht verwerten und assimilieren können, also beispielsweise bei den Cyanobakterien (früher Blaualgen genannt). Manche Prokaryoten verfügen über eine oder mehrere Geißeln, die ihnen als Antrieb dienen. Diese sind durch einen Motor aus Proteinelementen drehbar. Hier nicht eingezeichnet sind weitere, nicht durch eine Membran abgegrenzte Zytoplasmaeinschlüsse, die variabel auftauchen und auch wieder verschwinden können. Dabei handelt es sich beispielsweise um Speichermaterial (Stärke, Glykogen, Öle, Fette) oder luftgefüllte Proteinstrukturen.

Irgendwann vor schätzungsweise 3,8 Milliarden Jahren hatten Bakterien und Archebakterien einen gemeinsamen Vorfahren, aus dem sich auch die Eukaryoten entwickelt haben. Bild 2 zeigt diese Entwicklung. Die meiste Zeit, nämlich etwa 3 Milliarden Jahre lang, war die Erde nur von Mikroben besiedelt, die allerdings den Planeten nachhaltig beeinflussten. So entwickelten beispielsweise Cyanobakterien vor ca. 2,7 Milliarden Jahren die Photosynthese mit Chlorophyll und erhöhten in der Folgezeit die Erdatmosphaere den Sauerstoffgehalt. Im Lauf von etwa 300 Millionen Jahren schufen sie so die Grundlage für weitere Lebensformen. Erst nach diesem langen Zeitraum haben sich die Zellen allmählich organisiert und komplexere Organismen mit stärker arbeitsteiligen Zellverbänden gebildet. Aber schon zuvor hat bei den Einzellern eine Entwicklung begonnen, die zu einer deutlichen Leistungsteigerung führten und in Bild 2 schematisch vereinfacht dargestellt sind.

Bild 2: Die eukaryoten (kernhaltigen) Zellen haben sich schon vor Milliarden Jahren von den Bakterien und Archebakterien getrennt. Im Lauf der Zeit haben sie allerdings symbiotische Bakterien aufgenommen, die heute als Mitochondrien und Chloroplasten in den Zellen ihren Dienst tun. (*) Einige Eukaryoten (vor allem parasitisch lebende) haben diese Errungenschaften im Lauf der Zeit aber stark modifiziert oder wieder ganz aufgegeben.

Aus dem gemeinsamen prokaryotischen Vorfahr unserer heutigen Lebewesen tat sich unter anderem eine Linie durch immer größer werdende Zellen hervor. Irgendwann dürften diese Organismen so groß geworden sein, dass der lange, im Zytoplasma schwimmende DNA-Einzelstrang der Prokaryoten den Anforderungen nicht mehr genügte. Die Evolution brachte neue Strukturen hervor, die den wachsenden Anforderungen besser gewachsen waren: Die DNA wurde in den durch ein Membransystem umhüllten Kern eingeschlossen, weiterhin entwickelte sich ein Spindelapparat für die Mitose und etliche andere Organellen entstanden.

Irgendwann kam es offenbar zu einer Zusammenarbeit zwischen Bakterien und diesen neuen Zellen. Bakterien siedelten sich intrazellulär an und sonderten dort ihre Stoffwechselprodukte ab, die die Wirtszelle verwerten konnte. Ihrerseits waren sie im Wirtskörper besser geschützt als in der freien Wildnis. Aus dieser Symbiose wurden im Lauf der Jahrmillionen dann die Mitochondrien, die wir heute in den allermeisten Eukaryoten sehen. Sie sind zu Energielieferanten der eukaryoten Zellen geworden, indem sie energiereiche Nahrungsmoleküle (Fette, Zucker, Alkohol, Aminosäuren) aus der Wirtszelle entgegennehmen, sie im Citratzyklus oxidativ zerlegen, die Energie in die Atmungskette einspeisen und dafür das Molekül ATP (Adenosintriphosphat) zur Verfügung stellen bzw. selbiges aus ADP (Adenosindiphosphat) und AMP (Adenosinmonophosphat) regenerieren. ATP dient vielen Stoffwechselvorgängen der Zelle als eine Art universeller Treibstoff. Wer mehr über die Biochemie dieser Vorgänge wissen möchte, wird in den unten aufgelisteten Lehrbüchern oder auch bei den Beiträgen über Mitochondrien, Citratzyklusund Adenosintriphosphat der Wikipedia fündig.

Das Genom des ursprünglichen Bakteriums, aus dem die Mitochondrien entstanden sind, wurde größtenteils in den Kern der Wirtszelle übernommen. Allerdings sind auch in den Mitochondrien noch einige Plasmidstrände verblieben, die aktive Gene enthalten. Beim Menschen sind Erbkrankheiten bekannt, die durch Defekte in diesen Genen hervorgerufen werden und mit einer Störung der Energielieferung einhergehen. Meist äußern sie sich in muskulärer Schwäche und neurologischen Symptomen, weil sich energetische Mängel in diesen Geweben am stärksten bemerkbar machen. Weil von den Spermien nur der Kern in die Einzelle eindringt, stammen alle Mitochondrien des Embryos von der Mutter, mitochondriale Gendefekte werden also nur von der Mutter vererbt. Ein kranker Vater gibt diese Erkrankungen nicht weiter. Da ein großer Teil der ursprünglich mitochondrialen DNA in den Kern übernommen wurde, gibt es auch mitochondriale Erkrankungen, die durch defekte Gene im Kern verursacht werden; diese unterliegen den klassischen Vererbungsmechanismen.

Es kam noch zu einer weiteren Symbiose: Chlorophyllhaltige phototrophe Bakterien (aber keine Cyanobakterien!) fanden ebenfalls in einigen eukaryoten Zellvarianten Unterschlupf und ermöglichten es ihren Wirten somit, Licht als Energiequelle zu nutzen und von chemischen Energieträgern unabhängig zu werden. Daraus entstanden die Chloroplasten, die heute die meisten Pflanzen, die Algen und einige andere Einzellern mit der lebensnotwendigen Energie versehen. In den höheren Pflanzen sind es meist linsenförmig Gebilde, die in größerer Zahl in der Zelle vorkommen. Bei Algen können sie die unterschiedlichsten Formen annehmen und manchmal existiert in der Algenzelle nur ein einziger, jedoch sehr großer und bisweilen phantastisch gestalteter Chloroplast. Die Form der Choroplasten kann ein Kriterium für die Bestimmung einer Alge sein.

Die Chloroplasten der höheren Pflanzen (rechts ein Moos) sind in meist in jeder Zelle zahlreich vorhanden und haben eine einfache Linsenform. Die Chloroplasten der Algen können die unterschiedlichsten Formen annehmen, wie die linke Bildhälfte zeigt: In den beiden Spirogyrazellen ist der Chloroplast jeweils als spiraliges Band an der Innenseite der Zellmembran angesiedelt.

Viel, viel später kam es zu einer anderen Art von Symbiose, die nicht mit den Chloroplasten verwechselt werden darf: Etliche Einzeller nahmen komplette einzellige (kokkale) Algen in ihr Zytoplasma auf, von deren Stoffwechselprodukten sie profitieren. Dazu gehören beispielsweise Paramecium bursaria, Stentor polymorphus, Stentor amethystinus und etliche Sonnentierchen. Die Algen können sich in der Wirtszelle vermehren und die Wirtszelle kann bei Nahrungsmangel einige dieser Algen auch komplett verdauen.

Literatur

Die folgende Liste enthält Lehrbücher zum Thema Mikrobiologie und Zellbiologie, mit denen man sehr viel tiefer in die Materie einsteigen kann. Als Einführung ist Cypionka mit 300 Seiten geeignet, Brock und Alberts sind Übersetzungen aus der angelsächsischen Literatur; beide mit viel umfangreicherem Text und aufwändigerer Illustration.

  • Cypionka H.: Grundlagen der Mikrobiologie; Springer-Verlag Berlin, Heidelberg, New York
  • Brock TD., Goebel W. (Hrsg): Mikrobiologie; Spektrum Akademischer Verlag Heidelberg Berlln
  • Alberts, Bray, Johnson, Lewis, Raff, Roberts, Walter: Lehrbuch der molekularen Zellbiologie; Wiley VCH Weinheim New York Chichester Brisbane Singapore Toronto