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Stentoren Basisinfo
Zwei Exemplare von Stentor polymorphus. Diese Spezies verfügt über zahlreiche symbiotische Algen und erscheint daher grün. Im ausgestreckten Zustand können diese Stentoren bis zu 2 mm lang sein. Sie sitzen bisweilen an Wasserpflanzen in Gruppen zusammen und können dann grüne Klümpchen bilden, die mit bloßem Auge zu erkennen sind, wenn man am Teich steht und auf die Wasserpflanzen schaut.

Stentoren sind Einzeller, jedoch relativ groß; mache Art kann im ausgestreckten Zustand bis zu 4 mm lang werden. Dann erscheinen sie trompetenförmig und haben sich zumeist mit dem hinteren Teil an eine Unterlage angeheftet. Sie können sich jedoch blitzschnell zusammenziehen und haben dann eher eine tränen-, birnen- oder kugelartige Gestalt. Diese nehmen sie in der Regel auch an, wenn sie frei umherschwimmen. Am vorderen Ende sitzt die Mundregion, das sogenannte Peristomfeld, das von einem rechtsdrehenden kurzspiraligen Membranellenfeld umgeben ist; der Zellmund liegt im engen Teil der Spirale. Mit den Menbranellen verursachen die Stentoren einen Wasserstrudel, um sich Plankton an den Zellmund zu spülen und es zu verspeisen.

Die Stentoren sind schon lange bekannt, gezeichnet und beschrieben wurden sie beispielsweise im Barock von Rösel von Rosenhof und Ledermüller, auch wenn die heutige Systematik dieser Einzeller damals nicht bekannt war. Rösel bezeichnet sie beispielsweise als „schallmeyenähnliche Afterpolypen“ und Ledermüller als „Trompeten- oder Schalmeyenthierchen“. Womit wir zumindest namensmäßig schon bei den heutigen Trompetentierchen wären. Eine ausdifferenzierte Klassifikation dieser Tierchen gab es damals noch nicht, es war nicht einmal klar, dass es sich bei den Trompetentierchen um Einzeller handelte. Auch später wechselte die taxonomische Zuordnung und Artendefinitionje nach Erkenntnisstand immer wieder. Im folgenden halten wir uns an die 8 einheimischen Spezies, die Foissner 1992 beschrieben hat.

Hat man einen Stentor entdeckt und will ihn klassifizieren, kommt es auf Kernform, Farbe bzw Pigment und eventuelle symbiontische Algen an (Foissner et al 1992). Der Kern kann oval sein, eine lange Wurst oder eine perlschnurartige Kette bilden. Die folgenden schematischen Zeichnungen zeigen die verschiedenen einheimischem Stentoren mit ihren jeweiligen charakteristischen Eigenschaften. Die Kernform ist eingezeichnet, die zusätzlichen für die Spezieszuordnung wichtigen Eigenschaften stehen rechts daneben.

Nicht immer ist die Kernform im Normalzustand zu erkennen. Diese Stentoren muss man dann – wenn sie nicht schon wie S. amethystinus oder S. polymorphus am Pigment und/oder den symbiontischen Algen zu erkennen sind – so lange unter dem Deckgläschen lassen, bis sie weitgehend platt gedrückt sind. Dann tritt die Kernform in der schiefen Beleuchtung oder im differentiellen Interferenzkontrast (DIK) deutlich hervor. Im einfachen Durchlicht kann es aber auch dann noch schwierig werden.

Stentoren mit perlschnurartigem oder langem wurstförmigen Kern (Makronukleus).
Stentoren mit rundem oder ovalen Makronukleus.

Nachfolgend noch einige Aufnahmen diverser Stentoren. Sie sind entweder mit dem DIK-Mikroskop oder einem Lupenobjektiv (Zeiss Luminar) gemacht worden.

S. roeselii

Stentor roeselii. Er hat einen langen wurstförmigen Kern, der im oberen Teil des Stentors gut zu erkennen ist. Dieser Kern ist sein Erkennungszeichen, die anderen einheimischen Stentoren habe alle einen ovalen oder perlschnurartigen Zellkern.
S. roeselii: Hier sieht man ihn in kontrahiertem Zustand. Die Pfeile zeigen auf den wurstförmigen Zellkern.
S. roeselii: Die gelben Pfeile zeigen auf den Zellkern, der rote Pfeil auf den Zellmund.

S. polymorphus

S. polymorphus sitzt hier auf Detrituspartikeln. Man erkennt im Stentor die dicht liegenden runden grünen Partikel, bei denen es sich um symbiotische Algen handelt. Dies ist sein Erkennungszeichen; nur noch S. amethystinus hat symbiotische Algen, unterscheidet sich aber durch ein zusätzliches, auffällig braun bis türkisfarbenes Pigment.
S. polymorphus bildet bisweilen zahlreiche Kolonien, die an den Stängeln der Wasserpflanzen sitzen. Steht man vor einem Teich, kann man diese Stentoransammlungen ohne weiteres mit bloßem Auge erkennen.
Ein S. polymorphus, der unter dem Deckgläschen geplättet wurde. In diesem Zustand sieht man auch (auf der linken Seite) den perlschnurartigen Zellkern, der sonst von den symbiotischen Algen verdeckt wird. Auch Vakuolen, zum Teil mit Nahrungspartikeln, kommen in diesem Zustand zum Vorschein.
Der Mundabschnitt eines S. polymorphus, stärker vergrößert. Man sieht das beginnende Membranellenfeld, das nach oben und dann außerhalb des sichtbaren Bildes auf den hinteren Teil des Stentors zieht, dann unten wieder ins Bild kommt und den letzten Teil der rechtsdrehenden Membranellen-Spirale bildet. Der Pfeil zeigt auf den Zellmund, der durch den letzsten spiraligen Teil des adoralen Membranellenfeldes umringt wird. Ebenfalls gut zu sehen die streifige Struktur der Pellicula (der äußeren Schicht). Auf dem linken Teil wird die Pellicula durch die darunterliegenden Teile des Kerns (Makronukleus) stellenweise angehoben.
Auf diesem Bild sieht man das Membranellenfeld fast in seinem ganzen Umfang, nur im linken oberen Teil verschwindet es hinter dem Körper des Stentors. Der Pfeil zeigt wieder auf den Zellmund. Der Kopfbereich ist bei allen Stentoren vergleichbar aufgebaut. Links ist unter den symbiotischen Algen schemenhaft der perlschnurartige Zellkern zu erkennen.

S. amethystinus

Der Stentor amethystinus zeichnet sich durch kokkale symbiotische Algen und seine dunkelviolett-braunen Granula aus. Im Wasser wirkt er meist ziemlich schwarz und kompakt. Gestreckte Individuen sind nach Foissner et al. 250 bis 500 µm lang, kontrahiert zwischen 135 und 350 µm. Im Gegensatz zu den anderen Stentoren ist S. amethystinus also nicht sehr dehnbar und wird weniger festsitzend, sondern meist schwimmend angetroffen. Dabei hat er etwa die birnenförmige Gestalt wie hier auf dem Bild.
Stentor amethystinus, der zwischen Deckgläschen und Objektträger nicht mehr viel Platz hat. Vakuolen und Zellkern sind besser sichtbar, da die unter der Pellikula liegenden Pigmentkörnchen und die symbiotischen Algen weggedrückt werden. Die Pigmentgranula sind um den Zellkern herum deutlich konzentrierter.
Dieser Stentor amethystinus wurde zwischen Objektträger und Deckglas noch stärker komprimiert, so dass der Zellkern und die diversen Vakuolen noch deutlicher zu sehen sind. Oben erkennt man die Basis der Membranellenzone und am Rand auch die Zilien. Der Körper selbst ist relativ dünn mit Zilien bedeckt. Die dunkelbraunen Pigmentgranula sind vor allem um den Zellkern herum konzentriert.
Kernregion stärker vergrößert: Die Pigmentlager verdecken die um den Makronukleus herum liegenden Mikronuklei, um sie besonders dicht gruppiert sind.

Stentor coeruleus

Der Stentor coeruleus schimmert bläulich-türkis und besitzt einen perschnuartigen Makronukleus. Er ist in Milchkulturen leicht und dauerhaft zu züchten und eignet sich daher beispielsweise für Versuche in Schulen. Für die Milchkultur gibt man in 150 ml Wasser einen Tropfen Milch und wartet schüttelt durch. Anschließend wartet man einige Tage bis die Flüssigkeit wieder klar geworden ist und gibt dann einen zweiten Tropfen zu. In diesem Medium vermehr sich die blauen Trompetentierchen recht gut, wenn man sie regelmäßig mit zusätzlicher Milch versorgt und die Kultur von Zeit zu Zei in ein neues Medium überträgt.
Ein kontrahiertes blaues Trompetentierchen. Der Fokus ist auf die Pellikula mit ihrer Streifenstruktur gesetzt.
Hier blicken wir von oben auf die Mundregion eines kontrahierten Stentor coeruleus. Andeutungsweise ist auch der perlschnurartige Makronukleus zu sehen. Fundort ist übrigens ein ehemaliger Fischweiher am Reisbach zwischen Reisdorf und der Einmündung des Reisbach in die Lauter bei St. Germanshof. Koordinaten: 49° 3.181’N, 7° 52.956’E

Wird in Kürze erweitert.

Literatur
  • Borg, F in: Dahl (Hrsgb): Die Tierwelt Deutschlands und der angrenzenden Meeresteile, 17. Teil, Verlag Gustav Fischer, Jena 1930
  • Foissner W, Berger H, Kohmann F (1992): Taxonomische und ökologische Revision der Ciliaten des Saprobiensystems, Band II. Informationsberichte des bayerischen Landesamtes für Wasserwirtschaft, Heft 5/92, S. 502ff.
  • Mayer M: Kultur und Präparation der Protozoen; Kosmos-Verlag Franckh, Stuttgart, 1956
  • Streble, Krauter, Bäuerle: Das Leben im Wassertropfen – Mikroflora und Mikrofauna des Süßwassers. Kosmos Verlags GmbH Stuttgart.